OMIM Eintrag – # 206800 – NAIL DISORDER, NONSYNDROMIC CONGENITAL, 4; NDNC4

TEXT

Ein Nummernzeichen (#) wird bei diesem Eintrag verwendet, weil es Hinweise darauf gibt, dass eine autosomal rezessive nicht-syndromale kongenitale Nagelerkrankung-4 (NDNC4) durch eine homozygote oder compound heterozygote Mutation im R-Spondin-4-Gen (RSPO4; 610573) auf Chromosom 20p13 verursacht werden kann.

Beschreibung

Als angeborene Anonychie bezeichnet man das Fehlen von Finger- und Zehennägeln. Anonychie und ihre mildere phänotypische Variante, die Hyponychie, treten in der Regel als Merkmal genetischer Syndrome in Verbindung mit signifikanten Skelett- und Gliedmaßenanomalien auf. Die isolierte nicht-syndromale kongenitale Anonychie/Hyponychie ist eine seltene Entität, die in der Regel autosomal-rezessiv vererbt wird und selbst innerhalb einer Familie unterschiedlich ausgeprägt ist. Die beobachteten Nagelphänotypen reichen von keinem Nagelfeld bis zu einem verkleinerten Nagelfeld mit einem fehlenden oder rudimentären Nagel (Zusammenfassung von Bruchle et al., 2008). Diese Form der Nagelerkrankung wird hier als nonsyndromale kongenitale Nagelerkrankung-4 (NDNC4) bezeichnet.

Für eine Liste anderer nicht-syndromaler angeborener Nagelstörungen und eine Diskussion der genetischen Heterogenität siehe NDNC1 (161050).

Klinische Merkmale

Littman und Levin (1964) berichteten über eine 66-jährige Frau, die ein angeborenes Fehlen von 7 Fingernägeln ohne andere Anomalien hatte. Ihre Nägel waren an den Daumen und dem linken fünften Finger normal, aber an den anderen Fingern fehlten sie, die nach Angaben der Patientin nur rudimentäre Matrizen aufwiesen und nichts, was Nägeln ähnelte, war jemals vorhanden gewesen. Ihre Zehennägel waren normal. Phalangen und Kniescheiben ließen sich normal abtasten, und die knöchernen Strukturen des Thorax, der Wirbelsäule und des Beckens waren bei der Röntgenuntersuchung normal. Ein 60-jähriger Bruder, der in Ostdeutschland lebte, hatte 8 Fingernägel, deren Nagelbetten denen des Probanden ähnelten, und normale Daumen- und Zehennägel. Aus der jüngsten Korrespondenz geht hervor, dass er bei guter Gesundheit war und keine weiteren Anomalien aufwies. Es gab 19 weitere nicht betroffene Familienmitglieder, einschließlich ihrer Eltern, was auf eine autosomal rezessive Vererbung hindeutet.

Mahloudji und Amidi (1971) beschrieben einen blutsverwandten iranischen Stammbaum, in dem 7 betroffene Personen über drei Generationen hinweg das Fehlen aller Finger- und Zehennägel aufwiesen. Die 2 betroffenen Familienmitglieder, die untersucht wurden, hatten normale Haare, Zähne und Knochen ohne andere Anomalien. Normale Eltern, Auftreten bei Männern und Frauen und häufige Blutsverwandtschaft sprachen für einen autosomal rezessiven Erbgang.

Hopsu-Havu und Jansen (1973) berichteten über eine finnische Familie, in der 4 von 10 Kindern von Geburt an keine Finger- und Zehennägel hatten. Die Untersuchung der 42-jährigen Probandin ergab, dass das Nagelbett an allen Fingern und Zehen vorhanden war, aber keine richtigen Nägel vorhanden waren; eine rudimentäre brüchige Nagelplatte war nur an zwei Fingern zu sehen. Die Probandin war eine von zwei zweieiigen Zwillingen, und ihre Zwillingsschwester hatte einen anderen Körperbau und normale Nägel. Haare, Zähne und Knochen waren bei den betroffenen Geschwistern normal, und die Familienmitglieder hatten keine weiteren Anomalien. Die Familie lebte seit Hunderten von Jahren auf einer abgelegenen kleinen Insel vor der finnischen Küste, und aus dem örtlichen Kirchenbuch ging hervor, dass beide nicht betroffenen Eltern Nachkommen eines Geistlichen aus dem 17. Jahrhundert waren.

Al Hawsawi et al. (2002) beschrieben einen 27-jährigen Mann, der von Eltern aus erster Ehe stammte und bei dem alle Nägel an Fingern und Zehen fehlten. Seine Zähne und Haare waren normal, und er hatte keine signifikanten Hautveränderungen. Röntgenaufnahmen von Händen und Füßen zeigten das Vorhandensein von Endgliedern der Zehenknochen. Die Autoren wiesen darauf hin, dass eine Anonychia simplex, wie sie bei ihrem Patienten diagnostiziert wurde, von einer Anonychie unterschieden werden muss, die mit fehlenden oder hypoplastischen Endgliedern einhergeht (106995).

Ozdemir et al. (2004) berichteten über 7-jährige eineiige Zwillingsmädchen, denen von Geburt an die Nägel fehlten. Die körperliche Untersuchung ergab, dass ihnen alle Finger- und Zehennägel fehlten, sie aber ansonsten gesund und normal intelligent waren. Röntgenaufnahmen der Hände und Füße zeigten normale Strukturen ohne Dysplasie oder Hypoplasie. Es gab keine Familienanamnese für Anonychie, was auf eine sporadische Mutation hindeutet.

Vererbung

Die nicht-syndromale kongenitale Nagelerkrankung-4 ist eine autosomal-rezessive Erkrankung (Blaydon et al., 2006).

Mapping

In 8 Familien mit Anonychie oder Hyponychie congenita, einschließlich der von Hopsu-Havu und Jansen (1973) untersuchten Familie, stellten Blaydon et al. (2006) eine Kopplung an 20p13 fest. Bergmann et al. (2006) wiesen die Bindung einer isolierten totalen kongenitalen Anonychie an dieselbe Region in einer großen nicht-konsanguinen deutschen Familie nach, in der es 4 betroffene und 5 nicht betroffene Individuen gab.

Molekulargenetik

Blaydon et al. (2006) identifizierten homozygote oder compound heterozygote Mutationen im RSPO4-Gen in 8 betroffenen Familien. Die Expression von Rspo4 war spezifisch im sich entwickelnden Nagelmesenchym von Mäusen am Embryotag 15,5 lokalisiert, was auf eine entscheidende Rolle bei der Nagelmorphogenese hindeutet.

Bergmann et al. (2006) identifizierten bei betroffenen Mitgliedern einer großen nicht blutsverwandten deutschen Familie mit isolierter totaler kongenitaler Anonychie auf Chromosom 20p13 eine zusammengesetzte Heterozygotie für Mutationen im RSPO4-Gen, einen Frameshift und eine nicht konservative Missense-Mutation in Exon 2, die die hochkonservierte erste Furin-ähnliche cysteinreiche Domäne betrifft. RSPO4 ist ein Mitglied der R-Spondin-Familie von sekretierten Proteinen, die eine wichtige Rolle bei der Aktivierung des Wnt (siehe 164820)/beta-Catenin (siehe 116806) Signalwegs spielen. Der Wnt-Signalweg ist evolutionär konserviert und spielt eine zentrale Rolle bei der Embryonalentwicklung, der Wachstumsregulation verschiedener Gewebe und der Krebsentwicklung. Die Ergebnisse ergänzen die Hinweise darauf, dass mesenchymale und epitheliale Interaktionen bei der Nagelentwicklung von entscheidender Bedeutung sind, und setzen die Anonychie auf die wachsende Liste der angeborenen Missbildungssyndrome, die durch Defekte des Wnt-Signalwegs verursacht werden. Bergmann et al. (2006) stellten fest, dass dies offenbar das erste Gen ist, das für eine isolierte, nicht-syndromale Nagelstörung verantwortlich ist.

Bruchle et al. (2008) untersuchten zwei nicht verwandte Familien türkischer bzw. kasachischer Herkunft mit kongenitaler nicht-syndromaler Anonychie. Die Haplotyp-Analyse war kompatibel mit der Bindung an das RSPO4-Gen auf 20q13, und die Sequenzierung ergab Homozygotie für eine Nonsense-Mutation (Q101X; 610573.0006) und eine Missense-Mutation (R64C; 610573.0007) bei den betroffenen Mitgliedern der kasachischen bzw. türkischen Familie. Bei den betroffenen Personen fehlten die Finger- und Zehennägel vollständig; die Haut im Bereich der fehlenden Nägel war normal, und Nagelbett, Nagelmatrix und -falte waren bei allen untersuchten Patienten an den Fingern und Zehen vorhanden.

Chisti et al. (2008) identifizierten bei betroffenen Mitgliedern einer großen konsanguinen pakistanischen Familie, die eine autosomal rezessive Form der nicht-syndromalen Anonychie mit nachweislicher Bindung an den RSPO4-Locus aufweist, Homozygotie für eine Fehlmutation im RSPO4-Gen (G67R; 610573.0008). Die betroffenen Personen hatten ein vollständiges Fehlen von Finger- und Zehennägeln, wobei die Haut im Bereich der fehlenden Nägel normal war und Nagelbett und Nagelmatrix in allen Fingern und Zehen vorhanden waren; heterozygote Träger hatten normale Nägel.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.